wolfsspitz.at © 2009
Wissenswertes über Wolfsspitze
von Britta Schweikl
Immer wieder werden Wolfsspitzfreunde gefragt, warum sich gerader ihre Rasse so besonders als wach- und Familienhund eignet. Die Antwort ist ebenso kurz wie logisch: es ist seit Jahrtausenden der „Beruf“ des Wolfsspitzes, Haus und Hof zu bewachen und für seine Familie da zu sein, und nichts anderes. Damit unterscheidet er sich von so vielen zum Teil Mode.-Hunderassen, die ursprünglich vor allen als Jagd-, Hüte- oder Gebrauchshund Verwendung fanden und in der heutigen „arbeitslosen“ Zeit keine ihrer Wesensart entsprechende Einsatzmöglichkeit mehr haben. Für den Wolfssitz aber gab es niemals ein Bedürfnis nach „Umschulung“. Er ist, was er immer war.
Vielleicht ist der Wolfsspitz eine der attraktivsten Hunderassen der Welt. Wer langhaarige Hunde liebt, muß an dem kompakten, silbergrau-schwarzen Fellknäuel mit der charakteristisch gerollten, reich behaarten Rute, den kleinen Stehohren, der hübschen Gesichtszeichnung und dem intelligenten Ausdruck einfach Gefallenfinden. Es ist immer wieder eine Freude, seine leichten Bewegungen zu beobachten.
In vielen Haushalten gibt es schon seit (Menschen-) Generationen Wolfsspitze. Es ist eigentlich schade, dass man Wolfsspitze so selten sieht und man sie viel weniger kennt als früher. In Deutschland wurden 1996 nur 194 Wolfsspitze eingetragen, 1997 nur 189. Vielleicht liegt es daran, dass sie vor allem auf dem Land zu finden und keine Rasse für die städtische Schickeria sind.
Es ist zu hoffen, dass der Wolfsspitz, wie schon im Ausland, seine Beliebtheit wieder steigern kann, denn seine guten Eigenschaften sind zeitlos, ja gerade heute besonders gefragt, wo man einen anpassungsfähigen, aufgeweckten und ausgeglichenen Familienhund wünscht, der gesund, relativ leicht zu pflegen und zu erziehen ist, dabei wachsam ist, aber keineswegs agressiv, kein Hysteriker und kein Streuner.
Zur Geschichte der Rasse
Zweifelsohne zählen die Spitze zu den ältesten bekannten hunderassen. Ob man die bei Ausgrabungen gefundenen 5000 Jahre alten Knochen von Haushunden guten Gewissens als „Torfspitze“ bezeichen kann, sei dahingestellt. Die meisten Herkunftstheorien gehen davon aus, dass die große Familie der Spitze irgendwoher aus Skandinavien gekommen sein muß, aber wirklich greifbar werden die Deutschen Spitze "erst" im antiken Griechenland. Aus dieser Zeit sind mehrere sehr hübsche Darstellungen von Spitzen auf verschiedenen Gegenständen wie Münzen und Krügen erhalten. Die abgebildeten Hunde könnten heute problemlos auf jeder Ausstellung gut bewertet werden. Spitze waren in der Antike also nicht nur recht beliebt, sondern auch reingezüchtet. Seit jeher ist es das Schicksal der Spitze, eine Hunderasse zu sein, die sozusagen mehr im Verborgenen blüht. Nur so kann man erklären, dass in ihrer Geschichte bis in die Neuzeit eine riesige Lücke klafft. Sie waren die Hunde des "Volkes", der Bauern, Fuhrleute, Händler, Schiffer. Für alle waren sie unentbehrlich, als Begleiter und lebendige Alarmanlage, daheim als geduldige Spielgefährten für die Kinder und auch schon mal zum Rattenfangen, Kühetreiben und Gänsehüten.
Bei der adeligen Gesellschaft, der Schicht, aus der so viele Impulse in der Hundezucht ausgingen, waren sie nicht gefragt. Man züchtete edle Jagdhunde oder Begleithunde in immer ausgefalleneren Rassen. Vielleicht war der Spitz einfach zu "gewöhnlich". So kann man auch verstehen, dass Graf Eberhardt zu Sayn, ein feudaler Gutsherr im Rheintal, um 1450 einen Erlass herausgab, in dem er unter anderem seinem Hausgesinde verbot, das Wort "Spitzhundt" als Schimpfwort zu benutzen. Diese erste Erwähnung der Rasse als "Spitz" illustriert ihr offensichtlich etwas zweifelhaftes Ansehen in manchen Schichten, das ihrer Verbreitung aber keinen Abbruch tat.
Nur ein einziges Mal in seiner langen Geschichte war der Wolfsspitz ein wirklicher Modehund. Historische Ereignisse machten die Rasse eine Zeitlang populär: im Jahr 1781 standen sich in Holland zwei Parteien gegenüber, die der Konservativen, die den Prinzen von Oranien als Regenten haben wollten, und die der rebellischen Patrioten unter dem Führer Corneluis de Gyselaer mit dem Spitznamen "Kees". Sein ständiger Begleiter war ein Wolfsspitz, und so bürgerte sich nicht nur bald der Name "Keeshond" ein; die Wolfsspitze waren gleichzeitig ein Symbol für diese holländische Partei. Damals war es kurioserweise übrigens modern, den Spitz ähnlich wie heute einen Pudel zu scheren. Abbildungen so gestylter Wolfsspitze finden sich auf politischen Flugschriften und diversen Gebrauchsgegenständen der Zeit. Doch der Spitz-Boom währte nur kurz. Die Rebellion der Patrioten wurde niedergeschlagen, und dementsprechend war auch ihre Symbolfigur nicht mehr gefragt.
Im 19. Jahrhundert war es um die Spitze in ihren verschiedenen Größen-und Farbschlägen nicht gut bestellt. Waren sie auf der einen Seite immer noch unentbehrlich in ihren Wächter-Berufen, so ging die Entwicklung der modernen, geplanten Rassehundezucht lange Zeit an ihnen vorbei. Der Bestand ging stark zurück, bis der 1899 gegründete Verein für Deutsche Spitze sich endlich der Rasse annahm. Im ersten, 1913 erschienen Zuchtbuch wurden etwa 215 Wolfsspitze registriert, zumeist Hunde mit unbekannten Elterntieren. Nach vielversprechenden Anfängen - nicht nur in Deutschland, sondern auch in Holland fanden sich einige engagierte Züchter - machte, wie bei vielen Rassen, der Erste Weltkrieg alles zunichte. Lange Zeit war die Zuchtbasis klein und die Anzahl der eingetragenen Hunde gering, und erst in den Dreißiger Jahren ging es etwas bergauf. 1932 wurden z.B. 59 Wolfsspitze eingetragen, 1936 immerhin 85.
Eigenartigerweise erlebten die Wolfsspitze aber in der Zeit des Zweiten Weltkrieges, wo zahlreiche andere Rassen fast völlig niedergingen, einen enormen Aufschwung. Im Jahr 1948 wurden unglaubliche 1583 Wolfsspitze registriert! Vielleicht brachte der Wolfsspitz alles mit, was man für "schlechte Zeiten" brauchte. Denn ein anspruchsloser Wachhund, der keiner großen Pflege bedarf und so genügsam ist, dass er auch mit Erdäpfeln auskommt (was extra betont wurde), ist immer gefragt.
Bald pendelten sich die Eintragungen um 200 pro Jahr ein. An der Verbreitung der Rasse waren nicht zuletzt die Jagdverbände interessiert. Ein Wolfsspitz wildert nicht und streunt nicht herum, vergrault und jagt kein Wild. Einzelne Jagdverbände züchteten Wolfsspitze sogar planmäßig, und auch heute noch gibt es mancherorts Zuschüsse von dieser Seite beim Kauf, wenn man auf dem Land wohnt.
Seit den Zwanziger Jahren gibt es Wolfsspitze unter dem Namen "Keeshond" auch in England, und, von dort ausgehend, auch in Amerika, Skandinavien und vielen anderen Ländern der Welt. Bekannt und beliebt sind sie natürlich auch in vielen europäischen Gebieten, wie den Niederlanden und Österreich.
Charakter, Wesen und Haltung
Noch heute findet man zahllose Wolfsspitze, die auf ländlichen Anwesen ihren Dienst verrichten und zum Teil ohne Papiere gezüchtet werden, was die Bodenständigkeit der Rasse zeigt. Wer aber glaubt, der Wolfsspitz sei ein reiner Bauernhund, liegt völlig fehl. Seine wahren Qualitäten kommen immer dann zutage, wenn man ihn inmitten seiner Familie sieht, denn für einen Wolfsspitz gibt es nichts Schöneres, als mit seinen Menschen zusammen zu sein. Selten ist er ein Ein-Mann-Hund, meistens hängt er mit Hingabe am ganzen "Rudel". So lassen sich seine Liebe zu Kindern, die Vorsicht, mit der er mit ihnen umgeht, die unendliche Geduld, mit der selbst Rüden mit ihnen spielen, erklären.
Aber der Wolfsspitz ist auch verträglich mit anderen Tieren, seien es andere Hunde oder die verschiedensten Haustiere. Er akzeptiert sie als Teil der Familie und beschützt sie gegebenenfalls. Herumstreunende Hunde oder Katzen, die ihres Wegs gehen, lassen Wolfsspitze zumeist völlig kalt. Sie haben kein Interesse am Raufen, Streunen und Wildern, und selbst Rehe oder Hasen, die vor ihm aufspringen, veranlassen ihn bestenfalls zu einer gespannten "Habt-Acht-Position". Mit seinem kurzen Körperbau wäre er auch gar nicht in der Lage, Wild ausdauernd zu verfolgen. Es ist jedenfalls sehr angenehm, mit einem Hund spazieren zu gehen, auf den man sich in dieser Hinsicht absolut verlassen kann! Außerdem ist ein eingezäunter Garten zur Haltung nicht unbedingt erforderlich. Schon dem Junghund kann man gut beibringen, wie weit er sich entfernen darf. Ohnehin ist von Natur aus der Lieblingsplatz aller Wolfsspitze unter der geöffneten Haustüre im Flur, wo er alles souverän überblicken kann und zwangsweise jeder, der rein-oder rauswill, an ihm vorbeimuss!
Im allgemeinen ist der Wolfsspitz leicht erziehbar und daher unbedingt auch ein Hund für "Anfänger". Wichtig ist nur, dass man ihm früh genug erklärt, was er zu tun und lassen hat, denn die den Spitzen eigene Dickschädligkeit hat auch er von Zeit zu Zeit. Wer das berücksichtigt und mit Liebe und Konsequenz mit ihm arbeitet, wird auch im Hundesport seine helle Freude mit ihm haben. Von der Begleithund- bis zur Fährten-und Lawinenhundausbildung kann man mit dem Wolfsspitz alles machen. Im Agility saust er über die Hindernisse wie eine hüpfende Puderquaste. Man hat oft den Eindruck, dass er einfach alles gerne macht, was seiner Familie Freude bereitet, und so klettert er mit Leidenschaft auf die höchsten Alpengipfel, macht den "Lotsen" beim Segeltörn oder mimt den Schlittenhund für die Kinderrodel. Er passt sich in jedem Alter jeder Gelegenheit an.
Wolfsspitze haben von Haus aus keinen übermäßigen Bewegungsdrang, doch wenn es ihnen angeboten wird, sind sie ausdauernde Wanderer. Wer die langen Haar in Kauf nimmt, kann ihn auch in einer Wohung halten. Entgegen aller Gerüchte sind Wolfsspitze keine hysterischen Kläffer, im Gegenteil, manche Halter würden sich etwas mehr "Stimme" wünschen! Wenn er bellt, dann hat das seinen guten Grund, und hat Frauchen den Besucher einmal hereingelassen und für "in Ordnung" erklärt, dann zieht auch der Wolfsspitz schnell die freundliche Seite auf, ohne dabei eine gewisse Distanz zu verlieren.
Wolfsspitze sind von Natur aus sauber, schlagen einen Bogen um jede Pfütze und putzen sich oft die Pfoten wie Katzen. Das Fell ist fast geruchlos! Normalerweise genügt es, ihn einmal pro Woche gründlich durchzubürsten, während der Haarung (ein-bis zweimal jährlich) ist tägliche Pflege ratsam. Glücklicherweise liegt die sich lösende weiche Unterwolle auf Teppich und Couch schön obenauf und kann gut weggenommen werden. Überstehende Fransen an den Pfoten hält man kurz, und ein jährliches Bad tut ebenfalls gut. Mit wenig Aufwand und einer guten Ernährung entwickelt der Wolfsspitz sein wundervolles Fell, das er bis ins hohe Alter behält. Nicht zuletzt deshalb wird der Wolfsspitz als attraktiver Ausstellungshund immer beliebter. Seine Langlebigkeit ist bekannt; 12 oder 13 Jahre sind normal, viele werden 14 oder 15, manche sogar noch älter!
Von gesundheitlichen Problemen bleiben Wolfsspitze zum Glück zumeist verschont. Verantwortungsvolle Züchter haben aber ein wachsames Auge auf auftretende Erbkrankheiten wie HD, Epilepsie oder Diabetes.
Aussehen
Es sind mehrere Punkte, die einem Wolfsspitz zu seiner besonderen Ausstrahlung verhelfen.
Am auffälligsten ist wohl das üppige Haarkleid, das sich um den Hals zu einer richtigen Mähne formt. Es besteht aus einer helleren, sehr dichten und weichen Unterwolle und aus abstehenden, eher harten Deckhaaren. Vor Kälte und Hitze schützt das als Puffer dienende Fell gleich gut - es ist Nonsens, zu behaupten, einem Wolfsspitz werde es im Sommer zu heiß! Er legt sich oft regelrecht in die Sonne, wenngleich er natürlich auch - wie alle Hunde - schattige Liegeplätze bevorzugt. Wenn es nicht gerade einen Wolkenguß hat, kann man mit einem Wolfsspitz auch bei Schlechtwetter spazierengehen, ohne dass er sonderlich nass wird. Ist er schmutzig, wird er einfach "getrocknet" (z.B. im Flur) und dann ausgebürstet. Nur festes, harsches Haar hat diese Qualitäten, weiches Schlabberhaar ist ebenso unerwünscht wie Wellen oder Zotteln!
Die Farbe des Wolfsspitzes ist ein Silbergrau mit schwarzen Haarspitzen, das mit verschiedenen Schattierungen ansprechende Zeichnungen, z.B. an der Schulter und im Gesicht, bildet. Das "Wolfsgrau" gab ihm auch den Namen. Solange diese "Wolkung" stimmt (und an den Läufen keine schwarzen Abzeichen zu finden sind), sind alle farblichen Abstufungen von heller bis dunkler möglich und weitgehend dem Geschmack der Richter und Züchter überlassen!
Die Ohren sind so klein wie möglich, die Augen länglich und etwas schräg gestellt. Der keilförmig sich verschmälernde Kopf verhilft ihm ebenso zum "Spitzausdruck" wie die fest aufliegende, über den kurzen, geraden Rücken gerollte Rute . Große Ohren oder hängende Ruten ruinieren das Erscheinungsbild völlig.
Die kleinen runden Pfoten, die an die einer Katze erinnern,gehören ebenfalls zum Wolfsspitz dazu. Mehr oder minder große "Latschen", die dann auch oft noch durchgedrückt werden, sind untypisch.
Alles in allem ist der Wolfsspitz ein kräftiger Hund mit stämmigen, geraden Läufen, er darf aber niemals plump oder derb wirken. Schließlich ist er ein Hund mittlerer Größe. Gerade bei Hunden an der oberen Größengrenze (der derzeitige Standard sieht 49 cm +/- 6 cm vor) besteht die Gefahr, dass sie zu wuchtig und dann untypisch aussehen.Wolfsspitze (Keeshonds) aus den angelsächsischen Ländern bzw. aus Skandinavien werden nicht so groß gezüchtet. Um auch diesen Hunden auf europäischen Ausstellungen eine Chance zu geben, und vor allem, um sie, ihre vielen Qualitäten und die wertvollen fremden Linien, die sich immer wieder bewährt haben, nicht für die Zucht zu verlieren, wurde 1998 der FCI-Standard um 2 cm nach unten korrigiert.
Leider sieht man oft überernährte Hunde, denn die meisten Wolfsspitze sind hervorragende Futterverwerter und darüberhinaus bei glänzendem Appetit - sie kommen eigentlich mit einem Minimum an Nahrung aus! Das Durchschnittsgewicht wird bei etwa 20 kg liegen, obwohl sich durch den Standard mit seinen Höhenvariationen hier ein breiter Spielraum ergibt. Kleinere Hündinnen wiegen vielleicht 16 kg, große Rüden sind bei 25 kg noch nicht fett.
Der Wolfsspitz ist eine Rasse mit langer Vergangenheit und vermutlich großer Zukunft. Immer wieder hat er es geschafft, seinen Platz in der Hundewelt - an der Seite seiner Familie - zu behaupten. Zunehmende Welpenzahlen und weltweit steigendes Interesse an seinem hübschen Aussehen und dem verlässlichen Charakter lassen annehmen, dass er bald wieder mehr ins Rampenlicht rückt.